Montag, 10. Dezember 2012

100% Neuseeland

Ich kann euch sagen, Schafe über die Weide treiben ist eine schweißtreibende Angelegenheit. Das ist nicht so einfach wie es vielleicht aussieht. Wie wir dazu gekommen sind bedarf es einer etwas längeren Vorgeschichte…
Am 30.11.10 waren wir von Turangi, wo wir diese einzigartige Bergwanderung gemacht hatten, bequem im Bus nach Wellington gefahren, wo wir gegen Abend ankamen. Was für eine Erleichterung das doch ist einmal nicht darauf hoffen zu müssen, dass ein Auto vorbeikommt und dich mitnimmt. Hier konnten wir mit dem Gesicht gegen die Scheibe des Buses gepresst mehr oder weniger gemütlich dösen.
In Wellington angekommen sah man, obwohl es bereits dunkel war hunderte Banner, die die Hobbit-Premiere ankündigten. Das Bild, welches uns vom Bus aus auf die Stadt geboten wurde war sehr eindrucksvoll und hätte in diesem Moment nahezu jeder Küstenstadt Konkurrenz machen können. Die Stadt schmiegte sich an die sichelförmige Küste und deren angrenzenden Bergen an. Hinzu kamen all die Lichter von den Häusern der Wellingtonians (Wellington-Bewohner).



So ging es für uns also in unser Hostel um ein wenig zu schlafen bis wir dann am nächsten Tag den Mount Victoria, dem höchsten Aussichtspunkt in Wellington bestiegen um die Stadt in ihrem Maßstab voll und ganz erfassen zu können. Das Wetter war auf unserer Seite und mit der Unterstützung eines Chores neben dem Aussichtspunkt plus der Aussicht selbst war es den Aufstieg voll und ganz wert gewesen. Wie in der Nacht zuvor und natürlich besser konnte man nun die Stadt als Ganzes betrachten.



Im Gegensatz zu Auckland war die Population eher auf ein Zentrum ausgerichtet und nicht so verstreut gewesen. Deshalb kamen einem die Straßen auch manchmal etwas voller vor. Wenn man entlang des Hafens spazierte verspürte man diesen südländischen Flair, welcher von dem Baustil der Häuser und des ganzen Drumherums ausging.
Etwas verschwitzt ging es für uns daraufhin in das größte Museum Wellingtons – das „Te Papa“, welches sich über vier Stockwerke erstreckte und vom Boden bis zur Decke vollgestopft mit Wissen über die Geschichte Neuseelands, die Kultur der Maori (neuseeländische Eingeborene), der Erdbeben und Vulkanen war. Aufbereitet wurde das Ganze mit ausgefeilten technischen Mitteln, die das ganze spannend und interessant machten. Damit war ich vom Erfindergeist und der Kreativität der Macher des Museums vollends begeistert gewesen. Da waren drei bis vier Stunden wie im Flug vergangen!
Beispielsweise gab es eine kleine Hütte, die ein kleines Haus einer Familie repräsentieren sollte. Drinnen angekommen stand man in einem möblierten Wohnzimmer inklusive Fernseher, der noch eine Schlüsselrolle spielen sollte. Zunächst hörte man Nachrichten von vor 20 Jahren. Plötzlich begann es zu ruckeln, zu wackeln, man hörte Geschirr zerbrechen und eine Frau, die ganz hysterisch zu ihrem Mann schrie, dass sie schleunigst weg müssten. Bei dieser Erdbebensimulation lief es einem kalt den Rücken hinunter. Eine andere sehr coole technische Verspieltheit bot „The Wall“, eine interaktive Wand auf die man mit „Wands“ (Zauberstäbe) Fotos, Videos oder Schrift mit extra Computern veröffentlichen und diese dann auf der Wand animieren/vergrößern/bemalen konnte.



Selbst Hologrammvorführungen, die Geschichten über die Maori erzählten gab es. Und das war noch längst nicht alles gewesen, ich könnte noch einiges mehr aufzählen. Also wer einmal dort ist sollte sich schleunigst in das Museum bewegen – Empfehlung!!!
Bereits zwei Wochen ist es schon wieder her, dass wir bei unserer Gastfamilie in Martinborough angekommen waren. Heute ist unser letzter Tag hier, morgen geht’s ein paar Kilometer weiter zur nächsten.
Die Gastfamilie hier war ein homosexuelles Paar (ohne Kinder), die beide neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit in der Regierung Wellingtons eigenes Olivenöl herstellten. Folglich besaßen die beiden ein beachtliches Stück Land mit einigen Olivenbäumen. Rund um’s Haus gab es da natürlich einiges an Arbeit zu erledigen. Da waren Leute wie wir herzlich willkommen! Da sie bis vor einiger Zeit ein B&B geführt hatten war genug Platz da um mehr als zwei Helfer aufzunehmen. Deshalb war neben uns noch ein schwedisches Pärchen dort. So arbeiteten wir also zu viert, lernten uns gut kennen und veranstalteten unter anderem auch einen schwedischen Abend mit schwedischem 3-Gänge-Menü  bestehend aus typischen Gerichten, Power-Point-Präsentation mit typisch schwedischen Dingen und schwedischer Musik.

Das sind die beiden Schweden


Das deutsche Pendant dazu gab es dann einen Tag später. Für uns als relativ unerfahrene Köche war das natürlich mehr als eine Herausforderung, die wir jedoch ganz gut meisterten. Es gab: Toast mit Salami und Käse überbacken, als Hauptspeise Bauernfrühstück und zum Abschluss einen typischen neuseeländischen Pudding. Okey, ja so deutsch war das ganze nicht aber immerhin hatte es allen Beteiligten geschmeckt (jedenfalls hatten sie das behauptet).
Gleich nach den ersten paar Tagen dort hatten wir auch bald unsere Spitznamen weg. Mein Bruder war „Body for a gym“ (Körper als Fitnessstudio) und ich war „Body for a piano“ (was auch immer) deshalb da mein Bruder ein Buch besitzt mit dem er in Neuseeland trainiert, welches den englischen Titel „You are your own gym“ besitzt. Mein Spitzname gründete darauf, dass ich die Gelegenheit genutzt hatte, dass sie im Besitz eines E-Pianos waren und gelegentlich darauf „herumgeklimpert“ hatte.
Nach einigen Tagen etwas härterer Arbeit als sonst hieß es das wir helfen  könnten ein paar Schafe in die Koppel zu treiben weil sie am nächsten Tag geschort werden sollten. Weil das ganze etwas sehr spontan war und wenig Zeit blieb sich umzuziehen geschweige denn die Schuhe zu wechseln stolperte ich also mit meinen wundervollen Flip Flops über die Weide und versuchte mithilfe wilder Gestikulation die Schafe in die Richtung zu bewegen in die ich sie bewegen wollte. Da gestaltete sich jedoch schwieriger als gedacht. Der Großteil war schnell gefangen, einige Rabauken entkamen aber immer wieder bis wir diese letztlich mithilfe der erfahrenen Hirtin Jills (hauptberufliche Anwältin) einfingen. Was für ein Job! Völlig außer Atem aber doch glücklich über das einzigartige Ereignis fielen wir daraufhin schnell ins Bett nicht im geringsten ahnend was uns morgen erwarten würde.
Die meisten werden wohl wissen was da kam. Genau, die Wolle der Schafe musste ab. Und wir waren hautnah dabei, halfen zunächst bei dem ordnen der Schafe welche zuerst geschort werden sollten. Dabei durfte man nicht gerade zimperlich sein die Schafe etwas derbe anzugreifen oder gar gegen deren Willen zu zerren. Bei 35 Schafen war das ganze auch etwas anstrengend.



 So wurde also ein Schaf nach dem anderen geschort. Die meisten Zuschauer verloren bald die Lust und gingen – bis auf Mikael, der Schwede und ich, der Deutsche. Wir blieben bis zum bitteren Ende! Das schätzte Jills sehr.

Eine der Arbeiten, die ich zu tun hatte


Da ich ihr dabei half die Wolle zu sortieren und alle Schafe wieder zurück in die Koppel zu zerren bot sie mir an selbst ein Schaf zu scheren. Da würde ich doch nicht nein sagen! Also ging es daran mit dem Schergerät möglichst viel Wolle abzuschaben, was sich doch durchaus einfacher herausstellte als gedacht.

Ja, das bin ich und ja, das Schaf hat es überlebt


Nach meinem Job meinte Jills nur „He’s a natural! He’s a natural!“ (Er ist ein Naturtalent).

Jills in ihrem Element


Sie meinte ich könnte zur neuseeländischen Meisterschaft in Wellington nächstes Jahr im Februar kommen. Dort würde sie mir ein paar Tricks zeigen. Was mir zu dem ganzen einfällt? 100 % Neuseeland, ganz klar.
Der kleine Ort in dem wir lebten war nicht unbekannt in Neuseeland. Martinborough ist sehr berühmt für seine vielen Weinanbaugebiete. Es gab organisierte Busfahrten, die am Tag verschiedene Weingute ansteuerten und den Leuten „wine tastings“ (Weinproben) anboten. Wir, die bei Einheimischen lebten konnten ganz bequem mit dem Fahrrad all die Weinanbaugebiete erkunden und verschiedenste Weine probieren ohne so viel Geld ausgeben zu müssen. Oftmals verlangte das Weingut eine Pauschale von 5$, die jedoch beim Kauf eines Weines vom Weinpreis abgezogen werden würde. Alles in allem also ein gutes Angebot. Man erfuhr viel über die produzierten Weine und konnte noch seinen Gaumen verwöhnen.




 Gleich am ersten Wochenende bei der Gastfamilie ging es für uns zum Cape Palliser, wo sich ein wunderschöner Leuchtturm befand. Leider konnte man nicht einfach so ganz bequem mit dem Auto bis zum Leuchtturm fahren. Da musste man schon noch einige Stufen harter Arbeit bewältigen! Der Ausblick und das Gefühl von Freiheit entlohnte jedoch dafür reichlich. Sogar Robben konnten wir beobachten! Man durfte ihnen jedoch nicht den Fluchtweg abschneiden oder zu nahe kommen. Ansonsten fühlten sie sich zu eingeengt. Und ganz wichtig: Robben ruhen sich gerne zwischen Felsen auf. Da lief ich also zwischen den Felsen entlang und genoss die frische Seeluft bis ich plötzlich ein Röcheln vor mir vernahm. Da war sie, eine riesige Robbe. Ruhig bleiben, Max. Vorsichtig ging ich von ihr weg bis ich außer Reichweite von ihr war. Schließlich konnte ich wieder ruhig atmen.






Neben den schönen Ausflügen gab es natürlich auch einiges an Arbeit zu tun. Jeden Tag (ohne freien Tag in der Woche) mussten wir fünf Stunden am Tag verschiedenste Arbeiten rund um’s Haus erledigen: Rasenmähen, einen Weg zum Fluss von meterhohem Gras und Gestrüpp schaffen, die Dachrinnen reinigen, Fenster reinigen und noch einiges mehr. Bedingt durch meinen Heuschnupfen war die Arbeit als wir einen Weg zum Fluss schaffen mussten wohl die härteste Arbeit gewesen.



Abschließend lässt sich jedoch sagen, dass es mir trotz der harten Arbeit eines der besten neuseeländischen Erfahrungen gebracht hatte. Auf einen Neuseeländer kommen ca. 10 Schafe, das macht 40 Millionen Schafe in ganz Neuseeland. Und ich durfte eines davon scheren. :D

Bis zum nächsten Mal,

Liebe Grüße
euer Max J

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