Freitag, 18. Januar 2013

Ab in den Süden!



Ihr kennt doch sicherlich den Sommerhit „Ab in den Süden“, der 2003 wohl das Sommerlied schlechthin war. Getreu diesem Motto ging’s für uns ebenfalls gen Süden. Ach nee, da war ja noch was – da hätte ich doch glatt vergessen über Silvester zu berichten. Das wäre wohl nicht weiter schlimm gewesen, denn das war wohl die schlechteste Jahreswende gewesen, die ich jemals erlebt hatte.
Nachdem wir fünf Wochen im beschaulichen Martinborough verbracht hatten hatten wir von Wein erst mal die Nase voll gehabt. Aber wohin? Der Jahreswechsel stand vor der Tür. Aber wo sollte man den feiern? Klar, in der Haupstadt Neuseelands natürlich. Auch wenn es doch recht ruhig und besonnen im ganzen Land zu geht musste doch immerhin Wellington etwas bieten, oder? Also hieß es für uns: mit dem Zug nach Wellington, Sachen im Hostel abstellen, in die Stadt und die geladene Atmosphäre genießen! Im Hostel wurde uns von einer Party berichtet, die wohl die größte in ganz Wellington sein sollte. Also schauten wir da vorbei. Das erste was uns auf den Straßen „des Zentrums von Mittelerde“ auffiel, war, das uns nichts auffiel, was hieß: kaum Leute, kein Feuerwerk und schon gar keine geladene Stimmung. Dieser eine Club wird das schon wieder rausreißen! Und danach um 12 Uhr stand ja immer noch das riesige Feuerwerk am Hafen Wellingtons an! Voller Tatendrang ging es also zum „San Francisco was-weiß-ich-Club“. Das Versprechen der größten Party wurde leider nicht eingelöst. Dafür hätte es einen saftigen Eintritt von zwanzig Dollars gekostet. Nee, danke, da doch lieber gleich zum Hafen. Auf dem Weg trafen wir einen Bekannten aus dem Hostel in Rotorua mit dem wir dann ausgelassen über vergangene Reiseerfahrungen schwafelten. Und dann waren wir auch schon da, standen vor der „Bühne“, die Wellington repräsentieren sollte. Selbst im kleinsten Dorf Deutschlands hätte man dich für so eine Bühne ausgelacht. Gerade mal so groß um, wenn man selbst darauf stand, nicht links, rechts, vorne oder hinten über zu fallen. Wir ahnten, was das für ein „Silvester“ werden würde. „Nicht verzagen“, dachten wir uns. „Ist ja auch schon fast 12“. Und da wurde uns das ganze Ausmaß des Reinfalls klar. Niemand wusste so Recht, wann denn nun Neujahr war. Es gab keinen Countdown, ein Feuerwerk kam auch nicht. Ab und an jubelten ein paar Menschengruppen los, welche aber auch schnell wieder verstummten. Eine leicht angetrunkene Frau kam auf uns zu und nuschelte „Happy New Year“. Danke gleichfalls. Immerhin hatten wir ja ein Bier gehabt. Ach nein, das hatten sie uns ja auch weggenommen gehabt weil das Trinken auf der Straße ja nicht erlaubt sei. So endete das wohl kürzeste und enttäuschendste Silvester überhaupt. Eines muss man den Neuseeländern lassen: Feiern können sie auf jeden Fall nicht! Das Feuewerk war, wie wir später erfuhren, wegen Wind abgesagt wurden. 

Den letzten Tag verbrachten wir gemütlich im Botanischen Garten Wellingtons und in einer Spieleausstellung im Te Papa, dem Museum Wellingtons. Eigentlich hatten wir noch vorgehabt eine Parlamentsführung einzulegen, ganz im Traveller-Style mit Jogginghose versteht sich. Jedoch fanden keine Führungen an diesem Tag statt sodass wir nur die Außenmauern "bestaunen" konnten.



Doch nun zurück zur Spieleausstellung... Dort konnten sich die großen Jungs austoben. Von Spieleautomaten mit Spielen, wie „PacMan“ oder „Space Invaders“ über tragbare Spielekonsolen, wie den Nintendo 3DS zu Computer-Spielen oder aber auch „Indie-Games“ für die PS3 oder XBOX 360 gab es alles. Selbst Kultsimulationen, wie die hier brachten auch heutzutage noch viel Spaß mit sich!

Der botanische Garten (zumindest ein kleiner Teil davon)

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Ich, total vertieft im Spiel...

Space Invaders im "old-school-style"


Nachdem wir einige Zeit (ich will nicht nennen, wie lange genau ;) ) dort verbracht hatten waren wir bereit das nächste Abenteuer zu beginnen: „Ab in den Süden“ oder eher „Ab auf die Südinsel“! Per Schiff kamen wir trotz kritischem Seegangs auf der „Cook Strait“ pünktlich in Picton an. 

Der Ausblick von der Fähre...


Nach etwas Schlaf fuhren wir mit dem allseits beliebten „nakedbus“ direkt nach Nelson, einem kleinen Ort, der von ganzen drei Nationalparks umgeben ist und von denen wir einen besuchen wollten. Bereits im Bus merkten wir den Unterschied von der Nord- zur Südinsel: Es gab keine Gurte, niemand scherte sich darum. Dieser Makel schrie gerade so nach dem Motto:“Lebe den Moment“! – Lebensphilosophie aller Kiwis!
Dass das keine Ausnahme war zeigte unser Hostel deutlich. Der Hostelbesitzer hatte uns ganz leger (und barfuß) von der Bushaltestelle abgeholt und uns alles wichtige erklärt. Bei seinen Ausführungen hatte er immer ein Grinsen auf den Lippen. Hatten wir irgendetwas lustiges an uns? Eher nicht, denn das Grinsen blieb und entwickelte sich nach ein paar Tagen zu einem nervenden Dauergrinsen. Was soll’s, besser als die ganze Zeit mit Trauermine umherzulaufen! Schlüssel für das Dorm (8-Bett-Zimmer) gab es zwar, die Türen standen aber immer sperrangelweit offen, sodass jeder x-beliebige Passant hätte in unser Zimmer laufen und sich nach Belieben bedienen können. Nachdem wir nach einem Spint o.Ä. gefragt hatten wurden wir nur belächelt und konnten immerhin unsere wichtigsten Dokumente wegsperren.  Konnte man selbst nach drei Monaten in Neuseeland immer noch solch einen Kulturschock erleben? Auf jeden Fall!
Nelson, eine Stadt mit ca. 50000 Einwohnern, bot an Attraktionen nicht viel mehr als jede andere Stadt Neuseeland, war jedoch vom „Flair“ unschlagbar. Wie eine Großausgabe der Surferstadt Raglans kam sie mir vor. Mit einem gigantisch langem weißen Sandstrand, allerlei Palmen, gemütlicher Einkaufspassage, bewaldeten Hügeln und einem am Horizont auftrumpfenden Alpenpanorama gab die Stadt allemal etwas her. Einer der angrenzenden Hügel war zudem als „Center of NZ“ ausgeschildert. Also stapften wir zum geographischen Mittelpunkt Neuseelands und genossen die Aussicht über die kleine, sonnige Stadt.

Genau da ist er, der Mittelpunkt Neuseelands!

Der Aublick war wieder ein mal hammermäßig!



Eines Abends dann radelten wir mit den vom Hostel kostenlos bereitgestellten Fahrrädern in Richtung Strand und sahen einen Sonnenuntergang, den man wohl nur aus diversen, einschlägigen Liebesfilmen hätte kennen können.

Der Strand von Nelson...

... und hier das ganze mit Sonnenuntergang


Für den dritten Tag in Nelson hatten wir uns dann schließlich den „Abel Tasman Nationalpark“, der für seinen Great Walk, dem „Coastal Track“ (Küstenwanderung) bekannt war vorgenommen. Für relativ wenig Geld wurden wir zum Startpunkt des Tracks gebracht, fuhren dann mit dem Wassertaxi entlang der Küste während der „Skipper“ kurze Pausen einlegte um uns Einiges über den Park zu erzählen. Mit rasanter Geschwindigkeit bei der viel Wind und Wasser aufkam rauschten wir zu dem Startpunkt unserer persönlichen Wanderung für die wir acht Stunden Zeit haben würden bis der Bus wieder nach Nelson zurückkehren würde. 

Vom Traktor gezogen ging's so ins Wasser - typisch Neuseeland


Also marschierten wir gemütlich über Stock und Stein, bald schweißnass aber glücklich über das herrliche Wetter. Da der Track sehr einfach zu laufen war, gönnten wir uns weniger Pausen und waren schneller fertig, was uns Zeit gab um noch einmal im Nationalpark baden zu gehen – was für eine Wohltat! Zum Vergleich zur letzten Wanderung in einem Nationalpark war das hier ein Spaziergang gewesen ;)
Und ihr glaubt garnicht wie laut das Gezirpe der Grillen werden kann – es war so ohrenbetäubend laut (und da waren wir nicht einmal im Regenwaldgebiet gewesen)! Mir war unwohl bei dem Gedanken, dass ich umzingelt sei meinen „Feind“ aber nicht sehen konnte :D

Der Typ, der da so komisch da steht bin übrigens ich :D







Zwei Tage später dann holte uns unsere neue Gastmutter in Nelson ab. Ja, schon wieder eine Gastfamilie (und das sollte noch nicht die letzte gewesen sein)! Da war einmal die vom surfen besessene Vollblut-Mama, der ständig von der Arbeit geplagte Vater und deren zwei kleinen Söhne, die nicht unterschiedlicher hätten sein können (und nicht der große war der Übeltäter!).
Wieder einen Megablick hatte ihr Haus zu bieten gehabt, unglaubliche Wolkenkonstellationen inklusive. Da konnte man nicht anders als Ukulele zu spielen!



Die Südländermentalität kam auch hier wieder voll durch: die Haustüren wurden konsequent offen gelassen, egal ob jemand da war oder nicht, das Auto, welches gerade einmal 500 km gefahren wurde wurde mir ganz ohne weiteres anvertraut um mal eben baden zu gehen. Auch wenn die Chemie dieses Mal nicht so ganz passte war es doch lohnenswert gewesen zu dieser Familie zu gehen. Wie bereits gesagt hatte die Mutter eine Obsession für das Surfen – Kite- und Windsurfen!  (Später entdeckten wir auch sogar einen Weltmeisterpokal im Kitesurfen von vor zwanzig Jahren!) Da kam es nicht selten vor, dass wir ganz spontan an den Strand fuhren nur um ein paar Wellen zu „catchen“. Genug Surfbretter waren da, unsere Surferanzüge konnten wir endlich einmal wieder nutzen. Und ich genoss jeden Sekunde im Wasser! Schade, dass es in Deutschland keine wirklich guten Surfstrände gibt, das werde ich definitiv vermissen!

Auf dem Weg ins Wasser!


Durch das Surfen kam auch manchmal der Vater zu spät zur Arbeit weil sie gerade im Wasser war und er die kleinen nicht allein lassen konnte. Eines Morgens, ich noch total verschlafen rührte gedankenverloren in meinem Haferschleimtopf, fragte sie uns ob wir denn mit surfen kommen wollten. Wir hätten eine halbe Stunde bis der Vater auf Arbeit müsse. „Aber ich mache mir gerade Haferflocken!“ „Ist doch egal, nimm dir ne Schüssel und iss sie im Auto!“ Was soll’s, schnell den wetsuit drüber gewurfen, Handtuch eingepackt und schon ging es in Richtung Strand. Die halbe Stunde verdreifachte sich schließlich und wir kamen hoffnungslos zu spät zurück – aber das war es wert gewesen! Es ist dieses Gefühl wenn du auf dem Board liegst und sich hinter dir eine Welle auftürmt und du wie ein kleines Kind bei den ersten Schwimmversuchen wie verrückt mit deinen Armen und Beinen paddelst um Geschwindigkeit aufzunehmen bis du die Welle unter dir spürst und es Zeit ist das Paddeln Paddeln sein zu lassen, auf das Board zu springen und die Welle zu surfen!
Frühs beim Surfen entstanden u.a. gigantische Szenerien..



Neben dieser Hauptattraktion besuchten wir auch „Cable Bay“ (der Strand, von dem aus Neuseeland das erste Mal durch ein Kabel mit der restlichen Welt verbunden wurde) und gingen natürlich auch wandern. Dieser Track gehört auf jeden Fall zu einem meiner Lieblingswanderrouten weil er so abwechslungsreich war. Zunächst bestiegen wir einen Berg, von dem aus man einen atemberaubenden Blick auf umliegende Bergmassive, Felsformationen und dem Meer hatte.

Aotearoa - the land of the long white cloud




Weiter führte uns der Weg durch einen dichten Wald der mit vielen Palmen (meine Lieblingsbäume!!) gesäumt war und wir schließlich auf einem anderen Berg landeten, von dem aus wir Nelson und dessen Hafen bestaunen konnten – das alles gab’s in drei Stunden zu sehen – Crashkurs Neuseeland!

Wir hatten keine Wahl, sie wollte uns nicht durchlassen :D



Gemeinschaft wurde auch in dieser Familie wieder großgeschrieben. Oft gab es BBQ’s wo spontan Freunde und Bekannte eingeladen wurden, oder aber auch mal einen Brunch, der mit Leckereien, wie Pancakes, Schinken und Ahornsirup zu Tisch bat.
Was jetzt noch so ansteht beim Abenteuer Neuseeland? Wir werden nun nach Christchurch fahren um dort hoffentlich eine Arbeit zu ergattern. Davor bleiben wir noch ein (vorerst) letztes Mal bei einer Gastfamilie. Nach dem einen Monat Arbeit wollen wir nur noch herumreisen und Neuseeland von der touristischen Seite erkunden ;)

Liebe Grüße aus dem Land mit den Kiwis,
euer Max J

PS.: Das hätte ich ja fast vergessen. Wir waren auch noch beim Friseur in Nelson gewesen – und es ist nicht in die Hose gegangen (entgegen all den schrecklichen Erwartungen), auch wenn die Friseuse nicht wirklich vertrauenerweckend aussah!